Der Atem ist die Kraftquelle unseres Lebens. Er ist unser ständiger Begleiter von unserer Geburt bis zum Tod. Und obwohl die Atmung wohl der wichtigste Vorgang in unserem Leben ist, schenken wir ihr normalerweise kaum Beachtung. Als gesunder Mensch schaffen wir es etwa sechs Wochen ohne Nahrung und einige Tage ohne Wasser auszukommen. Setzt jedoch unsere Atmung pathologisch bedingt aus, so kommt es in kürzester Zeit je nach Lungenkapazität und Atemvolumen zum Absterben unserer Gehirnzellen was irreversibel ist und im Allerschlimmsten Fall zum Tod.
Die Atmung ist das wichtigste "Lebenselexier", wenn es um unsere Gesundheit mit unserem körperlichem und geistigen Wohlbefinden geht, und sie ist ein machtvolles Werkzeug zur Beeinflussung unseres Körper-Geist-Systems. Der Atem verbindet auf wundersame Weise Körper und Geist zu einer untrennbaren Einheit.
In meinem Lehr-Video zeige ich dir die 5 besten Atemtechniken für das Training deiner Lungen und für mehr Ausgeglichenheit, Kraft und Energie im Alltag.
Ganz konkret kannst du mit diesen Atemübungen:
- dein Atem- bzw. Lungenvolumen trainieren und verbessern
- deinen Geist zur Ruhe bringen
- Stress, Nervosität, innerer Unruhe und Ängsten entgegenwirken
- deinen Körper mit einer Extra-Portion Kraft und Energie versorgen.
1. Die bewusste Atmung
Hast du heute schon bewusst geatmet? Diese Frage macht deutlich wie unbewusst und automatisiert unsere Atmung normalerweise von dem vegetativem Nervensystem gesteuert wird. Wir machen uns über unsere Atmung im Normalfall keine Gedanken.
Dabei lassen uns Anspannung und Stress zunehmend "falsch" atmen. Atmen Babies noch von Natur aus richtig, nämlich tief in den Bauch hinein, so wird unser Atem mit zunehmendem Alter immer flacher und rutscht so gewissermaßen nach oben. Wir atmen dann immer mehr ausschließlich in den Brustkorb und verzichten damit auf weite Teile unseres Atems.
Der erste und wichtigste Schritt ist es also, sich den unbewussten Vorgang des Atems wieder bewusst zu machen.
Übung Nr. 1 - Atem beobachten und visualisieren
Wirkung:
Diese Übung rückt den Atem in den Fokus deiner Aufmerksamkeit und beruhigt darüber hinaus den Geist in Angst- und Stressituationen.
Ausführung:
Setze dich mit geradem Rücken und aufrechtem Kopf hin. Schließe deine Augen und versuche so normal wie möglich durch die Nase ein- und auszuatmen. Nimm für einige Atemzüge bewusst war, wie dein Atem jetzt ist, ohne etwas zu bewerten oder zu verändern. Atmest du eher flach oder tief, schnell oder langsam? In welchen Körperbereichen kannst du den Atem spüren? In den Schultern, im Brustkorb, im Rücken, den Flanken oder im Bauchbereich? Kannst du die Auf und Abbewegungen des Zwerchfells spüren?
Spüre jetzt, wie die Luft in die Nasenlöcher hineinströmt, über die Luftröhre weiter in die Bronchien dringt und die Lunge mit Sauerstoff füllt. Nimm am Ende des Einatmens bewusst war, wie sich in einer kurzen Atempause die Einatmung in eine Ausatmung verwandelt. Nimm beim Ausatmen durch die Nase bewusst war, wie sich die Lunge entleert. Spüre beim Ausatmen den Luftzug auf der Oberlippe. Achte auf die Pause die nach dem Ausatmen entsteht, bis die Einatmung wieder beginnt.
Wiederhole das Ganze für einige Minuten und beobachte deinen Atem. Wenn du willst, kannst du dir zusätzlich beim Einatmen vorstellen, wie du Freude und Lebensenergie aufnimmst, und mit dem Ausatmen angestaute Spannungen, Emotionen und andere Abfallstoffe wie etwa Kohlendioxid ausatmest.
2. Aktives Lungentraining - die Zwerchfellatmung (tiefe Bauchatmung)
Das Zwerchfell oder auch Diaphragma genannt ist eine Muskel-Sehnen-Platte, welche die Brust- und Bauchhöhle voneinander trennt. Es hat eine kuppelförmige Gestalt und ist der wichtigste Atemmuskel. Die Muskelkontraktion des Zwerchfells führt zur Einatmung.
Übung Nr. 2 - die verlängerte, tiefe Bauchatmung
Diese Übung kannst du im Sitzen, Stehen, Liegen, bewusstem Gehen oder in bestimmten Yoga Stellungen ausführen.
Schließe deine Augen und atme etwa 2 bis 3 Sekunden tief in den Bauch hinein ein und doppelt so lange wieder aus. Nimm wahr, wie sich mit dem Einatmen die Bauchdecke hebt und mit dem Ausatmen wieder senkt. Atme nun beim Einatmen vom Bauch bis in den Brustkorb und den Lungenspitzen hinein und folge beim Ausatmen den umgekehrten Weg nach unten. Einatmen: Bauch, Flanken, Brustkorb, Lungenspitzen. Ausatmen: Lungenspitzen, Brustkorb, Flanken und Bauch. Wiederhole die Atemübung für dich im eigenen Atem-Rhythmus für die nächsten Minuten.
3. Die Lippenbremse
Eine sehr gute Übung auch für Asthmatiker ist die so genannte Lippenbremse. Wenn wir das Gefühl haben nicht genug Luft zu bekommen, liegt es häufig nämlich nicht an der Ein-, sondern an der Ausatmung.
Mit der Atemübung der Lippenbremse setzen wir dem verstärkten Druck im Brustkorb einen Druck entgegen, der es uns besser ermöglicht vollständig auszuatmen. Haben wir die Lungen vollständig entleert, dann ist es uns auch wieder möglich tief einzuatmen und den Organismus mit dem notwendigem Sauerstoff zu versorgen.
Übung 3 - die Lippenbremse
Um die Lippenbremse auszuführen atmest du stoßweise mit aufgeblähten Wangen gegen deine locker aufeinander liegenden und leicht gespitzten Lippen. Als Hilfsmittel kannst du zu Beginn auch die Laute "f" oder "pf" verwenden.
Also: Atme so tief ein wie du kannst und mit dem Ausatmen solange stoßweise gegen die Lippen atmen, bis die Lungen komplett entleert sind.
4. Kapalabhati, die Schnellatmung - Lungentraining für Fortgeschrittene
Kapalabhati verbindet eine aktive und schelle Ausatmung mit der Übung des Atemanhaltens. Es lädt uns mit Energie auf und stärkt das Zwerchfell und die Atemhilfsmuskeln.
Durch das schnelle Ausatmen steigt der Sauerstoffgehalt im Blut. Der gesamte Basenhaushalt unseres Körpers verbessert sich langfristig, was sich positiv auf den Metabolismus auswirkt. Das Anhalten des Atems stellt einen Trainingsreiz dar, der die Lungenkapazität und -effizienz erhöht.
Die Übung ist gut für Asthmatiker, COPD Betroffene und für Personen, die sich kraft- und energielos fühlen oder unter Müdigkeit leiden. Es hilft die Atemwege (Bronchien, Alveolen, Luftröhre und Nasendurchgänge) zu reinigen und ist eine gute Prävention gegen Heuschnupfen und Erkältungskrankheiten.
Achtung! Für starke Raucher ist Kapalabhati kontraproduktiv!!!
Normalerweise wird die Übung im Sitzen mit aufgerichteter Wirbelsäule praktiziert. Sie kann aber auch im Stehen, Gehen oder in bestimmten Yoga Stellungen ausgeführt werden.
Übung Nr. 4 - Kapalabhati, die Schnellatmung
Für Kapalabhati atmest du etwa 20 bis 30 mal so schnell und feste wie es für dich möglich ist stoßweise durch die Nase in den Bauch hinein aus. Nach der letzten Ausatmung hältst du so lange wie möglich mit leeren Lungen den Atem an.
Wichtig bei der Übung ist:
- Die Einatmung ist passiv und geschieht automatisch. Aufmerksamkeit und Konzentration liegen bei der Ausatmung.
- Die Bauchdecke schnellt sichtbar mit dem Ein- und Ausatmen vor und rück.
Praktiziere je nach Bedarf zwischen einer und fünf Runden. Lasse den Atem vor bzw. nach einer Runde für einige Augenblicke ganz frei fließen und spüre in den Atem hinein.
5. Bhastrika - die Blasebalg-Atmung
Bei der Blasebalg-Atmung wird im Gegensatz zum Kapalabhati nicht nur die Aus- sondern auch die Einatmung aktiv forciert.
Wichtig: Bhastrika ist eine hoch-energetische Atemübung, die von Anfängern nicht bzw. nur unter Anleitung eines erfahrenen Lehrers durchgeführt werden sollte.
Übung Nr. 5. - die Blasebalg-Atmung
Eine Runde Bhastrika besteht aus 10 bis 20 Ein- und Ausatmungen, wobei durch die Nase ebenso kräftig ein- wie auch ausgeatmet wird. Während der Atmung bewegt sich der gesamte Oberkörper wie ein Blasebalg. In fortgeschrittenen Variationen können die Arme zur Unterstützung eingesetzt werden.
Klassischerweise endet eine Runde Bhastrika mit dem Atem anhalten mit leeren und anschließend vollständig gefüllten Lungen.
Zum Schluss noch ein schönes Zitat von Goethe!
"Im Atemholen sind zweierlei Gnaden. Die Luft einziehen sich ihrer entladen. Jenes bedrängt dieses erfrischt. So wunderbar ist das Leben gemischt!"